Die Röchte-Telefonate (11)

Es ist gelungen, den mittelwestfälischen Autor Antonius Röchte für eine Reihe von Telefoninterviews zu gewinnen. Sie werden hier in loser Folge veröffentlicht.

 

jojo: Tag, Herr Röchte, wir hatten ein Interview vereinbart. Passt es grad?

Antonius Röchte: Nein, aber legen sie los.

Lassen sie uns über die Koalitionsverhandlungen reden.

Nö. Interessiert mich nicht.

Sondern?

The Twang.

The Twang? Helfen sie mir.

Hab mir gedacht, dass sie die nicht kennen. Dabei haben die immerhin eine Postadresse in Schwülper.

Witzig. Und wo genau liegt das?

In der Nähe von Braunschweig. Musste allerdings auch Google Maps bemühen. Also, The Twang ist die Band, die die Countryfizierung erfunden hat.

Und was ist das nun schon wieder?

Der deutsche Begriff für Countryfication. So heißt auch ihr erstes Album.

Toll, das hilft mir jetzt wirklich weiter.

Also von vorn. The Twang ist eine Country Band. Sie beherrschen alle Spielarten der Countymusik, vom Tear Jerker bis hin zu mariachiartigem Zeug. Ihre Spezialität ist, bekannte Songs aus allen Bereichen der Popmusik in diverse Countrystiles zu übertragen.

Jetzt funkt es. So wie Boss Hoss?

Ja und nein. Boss Hoss ist die kommerzielle Variante dieser Spielart. Die Band gibt es allerdings erst seit 2004 und The Twang schon seit 1997. Ihr erstes offizielles Album erschien 2003. Gibt auch andere, die mittlerweile sowas machen, aber man kann schon sagen, dass The Twang diesen Stil für Deutschland entwickelt haben. Mittlerweile gibt es fünf reguläre Alben. Gecovert werden Songs von Britney Spears, den Beastie Boys, R.E.M., Michael Jackson usw. Sie sehen, die machen vor nichts Halt. Auf dem letzten Album „Wüste Lieder“ aus diesem Jahr gibt es erstmals nur deutsches Zeug. Da schaffen sie es, totgespieltem Zeug wie „Griechischer Wein“, oder Westernhagens „Mit 18“ noch etwas abzugewinnen. Große Klasse. Und dann noch: „Er gehört zu mir“, genauso tot gespielt, irgendwie schwul konnotiert, kriegt hier mit Unterstützung von Bela B. durch zwei tiefe Männerstimmen noch mal einen ganz anderen Dreh.

Aber sind Cover nicht eigentlich langweilig?

Finde ich nicht. Gibt halt verschiedene Formen des Coverns. Es gibt die, die versuchen, das Original so gut wie möglich zu kopieren. Ist eine gute Übung für Anfängerbands. Immerhin sind die Beatles auch so gestartet. Für Stadtfeste ganz o.k., aber in ein Konzert so einer Band würde ich nicht unbedingt gehen. Allerdings ist das gerade sehr beliebt. Gibt ja mittlerweile für jede mittelmäßig bekannte Band mindestens eine Coverband. Ganze Festivals werden ja damit bestritten. Dann sind da die Cover, die das Original verarschen wollen, irgendwelche lustigen Versionen, die ich aber meistens nicht so lustig finde. Und drittens gibt es eben die Bands, die einen eigenen Stil haben und versuchen, fremde Songs in diesen Stil zu transferieren. Der Klassiker ist „Satisfaction“ in der Version von Devo. Und in diese Kategorie würde ich auch The Twang packen.

Und warum kennt die keiner?

Sie meinen, weil sie die nicht kennen? Sie spielen eine Menge Konzerte, auch in den USA, und auf ihrer zweiten Platte haben ein paar US-Countrygrößen mitgespielt. Aber sie haben schon Recht. Absahnen tun Bands wie Boss Hoss und The Twang bespielen die kleinen Läden.

Weil Boss Hoss besser ist.

Auf keinen Fall. Boss Hoss ist halt eine größere Produktion, auf Festivalbühnen ausgelegt. Mir sind die viel zu pathetisch. Die Kunst von The Twang ist, bei allen Stücken das Pathos rauszunehmen. Eigentlich unhörbares, tausendmal von Stadtfest-Bands gecovertes Zeug, wie eben „Mit 18“, ist plötzlich gut anzuhören. Muss man erst mal schaffen.

Na, da haben wir ja wieder was gelernt. Und was machen sie jetzt?

Auf den Postboten warten. Der soll mir noch eine The Twang-Platte bringen. Und mich dann auf ihr Konzert heute Abend im Subrosa vorbereiten.

Das Ganze hier war also eine Werbeveranstaltung?

Wenn sie so wollen. Muss auch mal sein.

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