Die Röchte-Telefonate (10)

Es ist gelungen, den mittelwestfälischen Autor Antonius Röchte für eine Reihe von Telefoninterviews zu gewinnen. Sie werden hier in loser Folge veröffentlicht.

 

jojo: Tag, Herr Röchte, wir hatten ein Interview vereinbart. Passt es grad?

Antonius Röchte: Nein, aber legen sie los.

Geben sie mir eine Wahlempfehlung.

Was soll ich? Haben sie kein Internet? Also gut, wählen sie nicht die AfD und ansonsten eine Partei, die ihre Interessen vertritt.

Eine Partei, die meine Interessen vertritt, gibt es nicht. Das heißt aber, ich soll nicht taktisch wählen?

Das ist eine andere Frage. Aber sie haben ja Recht, wenn sich alle Parteien in der sogenannten Mitte tummeln, bleibt für uns Randständigen nicht viel. Es gibt eine sozialdemokratische Partei – und damit meine ich jetzt nicht die, die sich so nennt – sondern die LINKE. Dann gibt es viel neoliberales Zeug: SPD, CDU, Grüne, FDP und es gibt Nazis – aber über die reden wir heute bitte nicht.

Und es gibt die Kleinparteien.

Ja, aber die sind völlig irrelevant. Kleinparteien treten zur Wahl an, weil sie entweder auf ein Thema aufmerksam machen wollen, wie diese BGE-Partei, oder sie bestehen aus irgendwelchen Pöstchenjägern, die hoffen, ein Mandat zu bekommen oder wenigstens Wahlkampfkostenerstattung. Ich habe schon bei den Piraten geglaubt, dass die mit ihren Ideen besser in den anderen Parteien aufgehoben wären. Wir haben ja gesehen, dass (außer Pöstchen) nichts dabei herum gekommen ist. Solche Parteien zu wählen, bringt auch dann nichts, wenn wir uns mit ihrem Programm anfreunden könnten. Wenn es beispielsweise der DKP tatsächlich um Inhalte ginge, würde sie selbst nicht kandidieren und ihre Anhänger auffordern, die LINKE zu wählen.

Sollten solche Parteien gar nicht zur Wahl antreten dürfen?

Das ist mir egal. Wenn sie ernsthaft an Veränderungen interessiert sind, sollten sie von sich aus so klug sein, ihre Eitelkeit zurückzustellen und zumindest für die Bundestagswahl schauen, welche aussichtsreiche Partei sie unterstützen können. Und den größeren Parteien möchte ich empfehlen, wieder klare Interessenpolitik zu machen. Soll die FDP doch klar sagen, dass sie die Anwälte, Hausbesitzer und Hoteliers vertritt, die SPD Beamte und gut verdienende Facharbeiter, die Grünen die Lehrer und die CDU den Mittelstand.

Ist das nicht ein wenig platt?

O.k., ganz so einfach ist es wohl nicht, Aber ich hoffe, sie verstehen, was ich meine. Mehr Profil, bitte.

Dann vielleicht doch noch zur AfD. Wen vertritt die?

Die 20 Prozent deutschen Nazis. Schon 1939 hat Sebastian Haffner geschrieben (hab es mir extra rausgesucht): „Alle Schätzungen führen zu dem Schluss, dass der Anteil der Nazis in Deutschland an der Gesamtbevölkerung rund 20 Prozent beträgt. Etwa 40 Prozent der Bevölkerung verhalten sich loyal und 35 Prozent illoyal zu den Nazis (…) Und höchstens fünf Prozent bilden die Opposition“. Spätere Forschungen, z.B. zur autoritären Persönlichkeit, haben diese Zahlen immer wieder bestätigt. Und ich behaupte, dass sich daran nichts geändert hat. Daraus schöpft die AfD und mehr will ich zu diesen Arschlöchern hier nicht sagen. Das können die Kolleginnen und Kollegen in den Talkshows tun. Aber vielleicht noch mal zu den 20 Prozent: Natürlich wollen die anderen Parteien auch da ran. Deshalb hält sich die SPD Sarrazin, die CDU einen de Maizière, die Grünen einen Palmer und die LINKE eine Wagenknecht. Ekelhaft.

Zurück zur Ausgangsfrage. Wen dann wählen? Zuhause bleiben bringt doch auch nichts, oder?

Angesichts der Nazis wohl nicht. Hab keine große Idee: wählen sie keine Kleinpartei und ansonsten das geringste Übel. Da bleibt dann nicht viel.

O.k., weiter bin ich nicht, aber danke. Und was machen sie jetzt noch?

Erstmal eine CD einlegen. Die Surfing Magazines, denke ich.

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