Die Röchte-Telefonate (4)

Es ist gelungen, den mittelwestfälischen Autor Antonius Röchte für eine Reihe von Telefoninterviews zu gewinnen. Sie werden hier in loser Folge veröffentlicht.

 jojo: Tag, Herr Röchte, wir hatten ein Interview vereinbart. Passt es grad?

Antonius Röchte: Nein, aber legen sie los.

Sind sie eigentlich in den Sozialen Medien aktiv?

Soziale Medien? Na, ja. Ein bisschen Twitter. Was soll die Frage?

Die Leser wollen wissen, wie ein Mann wie sie im Netz aufgestellt ist.

Welche Leser? Ist doch uninteressant.

Also Twitter. Was machen sie da?

Überschriften lesen. Hab die Tageszeitung abbestellt, weil ich gemerkt hab, dass ich sowieso nur noch die Überschriften lese. Das kann ich auch bei Twitter. Und wenn doch mal was interessant zu sein scheint, kann man es ja anklicken und im Netz lesen.

Sonst nichts?

Nun ja, folge über 1.500 Accounts. Tageszeitungen, Medienblogs, Privatleuten, Parteien, Aktivisten, Möchtegernautoren, Bands, Musikagenturen, Städten … Was mich halt so interessieren könnte. Ist mein Newsticker.

Und das lesen sie alles?

Natürlich nicht. Ab und an reingucken reicht. Das meiste ist eh Schrott – was in der Tageszeitung aber nicht anders ist. Vom Fernsehen gar nicht zu reden.

Und sie selbst schreiben auch?

Wenig. Liest doch keiner.

Wieviel Follower haben sie denn?

Grad circa 400.

Das ist doch eine ganze Menge. Die durchschnittliche Followerzahl soll ja nur bei 1 liegen.

Solche Statistiken sind doch völliger Quatsch. Man kann doch nicht jeden der sich anmeldet und mal einen Tweet verschickt als Nutzer zählen.

Aber auch die aktiven Nutzer sollen durchschnittlich nur circa 60 Follower haben.

Wo haben sie das denn her? Was ist denn ein aktiver Nutzer? Aber egal, ich finde 400 nach acht Jahren wenig.

Solange sind sie schon dabei?

Denke ja. Außerdem glaube ich, dass nur 10 Prozent der Follower meinen Account wirklich verfolgen. Höchstens. Der Rest besteht aus Bots, irgendwelchen Unternehmen, Allesverfolgern, keine Ahnung. Aber darum geht es mir nicht. Twitter ist ein einfacher Blick in die Welt. That’s all.

Aber ein verkürzter und verzerrter.

Die Reduktion auf 140 Zeichen finde ich erstmal toll. Und welches Medium verzerrt nicht. Man muss eben damit umgehen können.

Wenn sie schon so viel lesen, dann werden sie auch viel liken.

Ich like nichts. Wenn ich einen Tweet richtig, wichtig oder einfach nur schön finde, dann retweete ich ihn. Da sollen dann auch andere was von haben. Liken ist Quatsch. Die Verbreitung von Nachrichten ist doch das Wesen von Twitter, oder? Wen interessiert schon, was ich so mag?

Was retweeten sie denn so?

Wie gesagt, alles was ich richtig, wichtig oder einfach nur schön finde. Aber nichts Privates keine Fotos von irgendwelchen Viechern und keine Mahlzeiten, auch kein Gestöhn über Montage oder Wochenendgejubel.

Das heißt, 95 Prozent des Twittercontents interessiert sie nicht.

So ungefähr. Sage ich doch.

Und wenn sie schreiben, was wäre das so.

Lesen sie doch selbst. Kann ihnen aber sagen, worüber ich nichts schreibe: Nichts Privates, nichts über Katzen und sonstige Viecher, nichts über mein Essen und auch sonst keine Bekundungen über meine Gefühlslagen, Gesundheitszustände und sonstige Befindlichkeiten.

Dann bleibt nicht viel.

Immer noch genug.

Dann müssen wir noch über Trump reden. Der WDR meint, Trump würde Twitter ruinieren. Zitat von Jörg Schieb auf der WDR-Seite: „Es ist halt auch peinlich, was auf Twitter los ist, seitdem Donald Trump den Zwitscherdienst als sein offizielles Sprachrohr erwählt hat“.

Über diesen Trump kann sich man wirklich nicht in 140 Zeichen auslassen. Aber kann man Twitter dafür verantwortlich machen, dass sich der Irre von Washington da austobt? Dahinter steckt doch der Gedanke, Twitter sei etwas Gutes. Das ist nicht so. Twitter ist eine Technik. Und jede Technik ist so gut oder so schlecht, wie sie genutzt wird. Das ist alles.

Aber in dem Artikel steht auch, dass Twitter aufgrund des hohen Tweet-Aufkommens durch die Trump-Diskussionen in die Knie gehen könnte.

Mag sei. Bleibt abzuwarten. Aber das ist doch ein technisches Problem, oder? Oder glauben sie, Jack Dorsey kriegt kalte Füße? Keine Ahnung. Wird sich zeigen.

Dann noch was anderes. Welche Musik hören sie grad?

Eine Compilation: C87. Aktuelle Musik ist grad sehr langweilig.

Danke für das Gespräch.