Die Röchte-Telefonate (7)

Es ist gelungen, den mittelwestfälischen Autor Antonius Röchte für eine Reihe von Telefoninterviews zu gewinnen. Sie werden hier in loser Folge veröffentlicht.

 

jojo: Tag, Herr Röchte, wir hatten ein Interview vereinbart. Passt es grad?

Antonius Röchte: Nein, aber legen sie los.

Sie hören grad Musik?

Ich dreh ja schon leiser. Eine Live-Aufnahme von Man aus den frühen Siebzigern.

Man? Sagt mir jetzt nichts.

Glaube ich gerne. Britische Band. Aus Wales, genauer gesagt. 68 gegründet.

Klar.

Haben ein paar gute Platten gemacht und sollen live der Hammer gewesen sein. Hab sie leider nie gesehen.

Gibt es die doch?

Keine Ahnung, vielleicht in der 10ten Neuauflage. Man gilt unter den britischen Progrock-Bands als die amerikanischste. Eine echte Dogen-Band. Zwanzig Minuten Gitarrenimprovisation und so.

Dachte immer, sie sind ein alter Punkrocker.

Johnny Rotten hat in Wirklichkeit auch so ein Zeug gemocht. Gebe gerne zu, manchmal Genesis, King Crimson, Hatfield and the North, Gentle Giant und sowas zu hören. Aber Man sind mir aus dieser Riege immer noch die liebsten.

O.k., und live? Was haben sie zuletzt live gehört?

Die Wave Pictures im Dortmunder Subrosa.

Oh, da muss ich jetzt auch passen.

Was kennen sie denn eigentlich? Ist aber ne neuere Band. Das heißt, so neu auch wieder nicht. Gibt es auch schon seit 1998. Kommen aus Wymeswold, Leicestershire. Liegt in England, wie sie wissen.

Klar.

Wohnen jetzt aber in London.

Und was machen die?

Da wäre ich dann wieder bei Man. Was die für den Progrock waren, sind die Wave Pictures für die sogenannte Indie-Mucke. Für mich die britische Band, die grad am amerikanischsten klingt. Außerdem ist ein eindeutiger Jonathan-Richman-Einfluss nicht zu verkennen.

Das interessiert mich jetzt aber.

Sollte es auch. Zuerst mal beherrschen alle drei ihre Instrumente. Ist bei neueren Bands ja nicht unbedingt immer der Fall. Ohne große Effektgeräte. Neben Indie-Schrammel gibt es Blueseinflüsse, manchmal ein bisschen Country, Rock’n’Roll, ab und zu ein leicht südamerikanischer Twang. Wie bei Jonathan eben. Sie haben es auch drauf, ganz leise zu spielen und ohne Mikro zu singen. Macht Richman ja auch oft. Weil sie spielen können, können sie auch improvisieren. Das hört man in der heutigen Popmusik nicht mehr so oft. Dementsprechend hat sich das Subrosa-Konzert auch total von dem im FZW unterschieden.

Wann war das?

Das FZW-Konzert? Im Dezember 2015. Noch nicht so lange her. Vorgestern im Subrosa waren auch mehr Leute, richtige Fans dabei. Einer hat ihnen sogar ein paar Runden Wodka spendiert.

Aber der Laden ist kleiner, oder?

Klar. Aber einer der besten in Dortmund. Da wurde noch mal völlig deutlich, welchen Einfluss die Location auf ein Popkonzert hat. Das Konzert im FZW war o.k., sie haben ihre Sachen gekonnt gespielt. Alle waren zufrieden. Aber das im Subrosa war eine ganz andere Nummer. Das FZW hat ja mit dem alten Laden am Neuen Graben nur noch den Namen gemeinsam. Der Neubau ist ein seelenloser Schuppen ohne Profil. Die machen alles, wenn die veranstaltenden Agenturen nur zahlen. Geht heutzutage vielleicht nicht anders, aber mein Ding ist das nicht.

Jetzt kommt schon wieder der Hippie in ihnen durch.

Scheiß drauf. Ist eben so. Vielleicht funktioniert Popmusik live sowieso nur in umgewidmeten Locations. Kinos, Kneipen, Industriegebäude, Bahnhofshallen … Schauen sie sich diese seelenlosen O2-Hallen, die es überall gibt, an. Wie das FZW: Guter Sound, unbestritten, aber ansonsten tot.

Die Multiplexkinos des Pop?

Ja. Die habe ich auch nie gebraucht.

Und welches ist das nächste Konzert?

Noch nichts geplant. Nehme mir immer vor, häufiger zu gehen und dann bleibt es dabei. Wahrscheinlich eine Alterserscheinung. Aber es gibt auch hier in der Gegend gute kleine Läden, die es zu unterstützen gilt. Mangelndes Angebot ist kein Argument. Anstatt die Kohle für teure Vinyls auszugeben, sollte man wohl öfter zu Livekonzerten gehen.

Klingt ja wie ein Aufruf.

Meinetwegen.

Danke für das Gespräch. Und was machen sie jetzt?

Noch eine Man-Platte hören.